Artikel Saalezeitung vom 31.07.2010
Bayerischer Blindenbund bedauert Verkauf des Altenpflegeheimes, will aber vor Ort präsent bleiben
ZEITLOFS. Der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) bedauert nach eigenen Angaben den notwendigen Verkauf des Altenpflegeheimes in Zeitlofs: „Wir und unsere Bewohner haben sich in der Gemeinde immer sehr wohl und gut angenommen gefühlt", betonte etwa der stellvertretende Landesvorsitzende Wolfgang Kurzer. Auch nach dem Verkauf will der Verein deshalb vor Ort aktiv bleiben und sich speziell um die Bewohner mit eingeschränktem Sehvermögen kümmern.
1946 kamen die ersten Blinden und Sehbehinderten als Flüchtlinge nach Zeitlofs. Zunächst wohnten sie im Schloss, ab 1951 betrieb der Blindenbund das erste Heim in der Baumallee. Wie in der gestrigen Ausgabe berichtet, wird diese Tradition am 1. April kommenden Jahres nach 60 Jahren mit dem Verkauf an die Carl-von-Heß‘sche Sozialstiftung enden.
Im November 2001 hatte der BBSB offiziell das neue Altenpflegeheim in der Heilsbergstraße eingeweiht. Die Zahl der Betten war damals sogar von gut 30 auf 40 aufgestockt worden. „Wir hatten die Erwartung, dass das Heim von vielen sehbehinderten Menschen aus ganz Unterfranken belegt wird", berichtet BBSB-Landesgeschäftsführer Christian Seuß. Auf dem 17 000 Quadratmeter großen Grundstück sei sogar Platz für eine Erweiterung auf 80 Betten. Doch das Gegenteil war der Fall: Waren im Oktober 2001 noch 33 Blinde und Sehbehinderte aus dem Heim in der Baumallee in die Heilsbergstraße umgezogen, sind heute von den derzeit 41 Bewohnern laut Seuß nur noch 15 blind und fünf sehbehindert. Ursache sei der generelle Trend, dass auch blinde Menschen immer öfter bis ins hohe Lebensalter mit Hilfe ambulanter Pflegedienste daheim versorgt würden und dann lieber in ein heimatnahes Heim gehen. Diese Entwicklung ist aus Sicht des BBSB auch sehr wünschenswert, blinde Menschen sollten sich „nicht an Stützpunkt zurückziehen, sondern in ihrer Gemeinschaft bleiben", so Seuß.
Für das Zeitlofser Altenpflegeheim — das einzige, das der BBSB mit Sitz in München betreibt — bedeutete dies jedoch immer größere Verluste: Fünf- und zum Teil sogar sechsstellige Summen habe der Verein zuschießen müssen, berichtete Seuß. Deshalb habe er den Mitarbeitern bereits vor Jahren angekündigt, dass sich der BBSB auf die Suche nach einem neuen Betreiber macht.
Vor etwa zwei Jahren, als das Haus zudem nur mit rund 35 Bewohnern belegt war, habe man sich an potentielle Käufer in ganz Deutschland gewandt. Das Problem: Es musste ein gemeinnütziger Betreiber gefunden werden, weil der BBSB sonst auf einen Schlag 1,6 Millionen Euro an Fördergeldern für den Zehn-Millionen-D-Mark-Neubau hätte zurückzahlen müssen. Jetzt wurde der BBSB, wie berichtet, beim Landkreis Bad Kissingen mit seiner Carl-von-Heß'schen-Sozialstiftung fündig: „Wichtig ist, dass der Bestand gesichert ist durch jemanden, der's kann", so Seuß, denn: „Irgendwo hängt ja auch das Herz ein bisschen dran", hat der Landesgeschäftsführer bereits den Neubau begleitet. Der Landkreis habe dem Kauf auch aus seiner „regionalen Verantwortung heraus" zugestimmt, betonte Landrat Thomas Bold. „Voraussetzung war, dass wir den Bestand langfristig gewährleisten können", sicherte er eine Erhaltung der Einrichtung zu. Über den Kaufpreis für die Immobilie vereinbarten beide Seiten Stillschweigen. Die Teilbetriebsübernahme schließt 20 der 29 Arbeitsplätze ein. Nicht übernommen werden die Bereiche Hauswirtschaft und Küche: Das Essen liefert ab dem kommenden Jahr die Küche des Hauses Waldenfels, die Reinigung werde an externe Anbieter vergeben, berichtet Marco Schäfer, Vorsitzender der Heß'- schen Sozialstiftung.
Am Donnerstag unterrichtete der BBSB den Betriebsrat und den Heimbeirat. Gestern gab es bereits die ersten Einzelgespräche mit den neun Mitarbeitern aus Küche und Hauswirtschaft. Der Blindenbund sicherte zu, allen neun Alternativen anzubieten: „Wir fühlen uns da in der Verantwortung", verweist Kurzer darauf, dass viele Mitarbeiter seit Jahrzehnten im Haus sind. Zudem betonten beide Seiten, dass sich für die Heim- Bewohner so gut wie nichts ändern werde.
Die Details des Vertrages müssen zwar noch ausgehandelt werden, im Grundsatz sind sich jedoch Marco Schäfer (links), Vorsitzender der Carl-von-Heß´schen Sozialstiftung, und Christian Seuß (rechts), Landesgeschäftsführer des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes, einig. Den Kauf und die Teilbetriebsübergabe verkündeten am Donnerstag (von links) Landrat Thomas Bold, Heimleiterin Karin Karousch und der stellvertretende Landesvorsitzende Wolfgang Kurzer mit. Das linke Archivbild zeigt das Altenpflegeheim in der Zeitlofser Heilsbergstraße mit seinen 41 Betten. rr/Foto: Ruppert/Archiv |